28 November 2006

Kleinigkeiten (Wochengulasch Nr. 3)

Schon ist die letzte Woche in Vác angebrochen. Am Arbeitsplatz läuft entweder überhaupt nichts oder alles drunter und drüber. Ich kann noch nicht abschätzen, wie elegant sich der Abschluss hier gestaltet. Aber es ist Zeit einmal auch den kleinen Dingen ein wenig Platz einzuräumen.

Es war der erste Eindruck, und es wird der auch der letzte sein: Die Verlorenheit auf dem örtlichen Bahnhof. Die Weite. Kleines gelbes Gebäude, dass mich irgendwie an die Prärie erinnert.


Haben die Ungaren etwa eine Special Relationship zu Iran? Jedenfalls konnte ich Datteln daher erstehen. Leider waren die nordkoreanischen Kürbisse bereits ausverkauft.

Von meinem Bekannten Balasz wurde ich netterweise zu einer Mineralien- und Bonsaisammlerbörse mitgenommen. Das Ganze fand in einem Gemeinschaftszentrum statt. Die Bonsais waren die Bewunderten, während im Hintergrund die Geschäfte mit den Mineralien gemacht wurden. Balasz kaufte dann auch für das Heidengeld von 500 Franken einen 50 Kilogramm Klumpen aus ...nit (bitte Phantasie oder Lateinkenntnisse benutzen)


Jö, ein kleiner Nadelbaum.



Scheinbar windet es bei den Bonsai-Gärtnern (oder vielleicht eher Züchtern?) die ganze Zeit. Wieder so ein verbogenes Exemplar.
Nein, natürlich konnte man sehr gut die angesetzten Metallstränge an den vorderen Ästchen sehen, welche die Zweige in eine Richtung wachsen lassen.

23 November 2006

Ganz nah bei der politischen Macht

Man bekommt nicht alle Tage Gelegenheit, in ein wichtiges Institut einer grossen Partei eingeladen zu werden. Der Bruder einer Göncöl-Mitarbeiterin ist beim sogenannten Bürgerhaus, einer Kultur- und Begegnungsstätte der Oppositionspartei Fidesz angestellt. Zusammengerafft die Positionen hier im Land: Die Sozialisten regieren das Land seit 6 Jahren, glaube ich. Seit zwei Jahren ist der berüchtigte Premierminister Gyurcsany an der Macht, der nach dem Wahlerfolg im Frühling in einer geheimen Rede erklärt hat, dass er das Volk angelogen habe. Seitdem sind sich die beiden grossen Parteien noch mehr Spinnefeind. Die Oppostitionspartei Fidesz um Vorsteher Victor Orban war massgeblich beteiligt, Volksdemonstrationen gegenüber der Lügenrede Gyurcsanys in Gang zu setzen, nicht zuletzt am Gedenktag zum Beginn des Ungarn-Aufstands 1956. An der darauffolgenden Strassenschlacht zwischen Demonstranten und Polizisten wurden schätzungsweise 200 Leute verletzt.
Nachdem ich vom Bruder meiner Arbeitskollegin im Bürgerhaus empfangen wurde, wurde ich sofort in die Ausstellung begleitet. Aufgeplatzte Lider, grössere Wunden an Rücken von Gummigeschossen und Nahaufnahmen von nicht gekennzeichneten, vermummten Polizisten (was gemäss ungarischem Gesetz nur im Kampf gegen den Terrorismus erlaubt ist). Bilder also von der Strassenschlacht (ich habe dazu auch den Link bekommen).
Ich stelle es mir ungemein anstrengend vor, dass noch unbeeinflusste Leute hier in dieser angespannten politischen Lage sich ein neutrales Bild machen können. Wenn zwei Stimmen schreien, glaubt man zuletzt doch keiner! Jedenfalls hielt sich beim Abschreiten der Schreckensbilder mein Mitgefühl in Grenzen, stattdessen war ich mir mehr der manipulativen Geste bewusst.
(Nachtrag vom 24.11.06: Ein guter Abriss der aktuellen politischen Verhältnisse in Ungarn liefert ein NZZ-Artikel)

Ich habe in der Diskussion mit dem Fidesz-Anhänger jedoch einiges erfahren, nicht zuletzt zum immer wieder präsenten Thema der ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern. (ich habe hier gutes Kartenmaterial, wenn es jemanden näher interessiert).
Doch spannend war für mich auch ein Punkt, der während des Politologie-Studiums ab und an Thema war: Die verschiedenen Konfliktlinien (Cleavages) innerhalb eines Landes. In der Schweiz gibt es anhand der Abstimmungen der letzten 20 Jahre drei Spaltugen: wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch (gemäss Herrmann/Leuthold). Die Parteien haben sich vorwiegend nach den beiden ersten Faktoren aufgestellt.
In Ungarn sollte man zuallererst die Bezeichnungen der Parteien vergessen, das verwirrt nur. Die Sozialisten (unter Gyurcsany) sind für Marktliberalisierungen, möchten sich möglichst gut mit der EU stellen und sind gesellschaftlich liberal (z.B, Abtreibungsbefürwortung). Die Fidesz wollen den Markt nur gezielt öffnen, insbesondere gegenüber den EU-Partnern sind sie vorsichtig. Sie sind nationalistisch in dem Sinne, dass sie sich um die ungarischen Minderheiten im Ausland kümmern. Zudem sind sie gesellschaftlich konservativ.
Die Konfliktlinien der Schweiz kann man also nicht entsprechend verwenden. Zudem hat die gesellschaftliche Polarisierung weniger Relevanz.

Was das Äusserliche anbetrifft: Es war doch irgendwie seltsam, welchen normalen, ja geradezu banalen Eindruck die Einrichtugen und auch die Mitarbeiter hinterliessen. Vom Arbeitsklima und einer gewissen Ideologie-Gläubigkeit her, unterscheidet sich das Parteibüro nicht gross vom Umwelt-NGO.

21 November 2006

Dunakanyar, die Zweite

Hier nochmals das Donauknie in Realität. Mit dem Zug bin ich nun mal auf der Nordseite der Donau nach Sturovo/Parkany (slk./ung.) gefahren, gleich gegenüber Esztergom. Die Fahrt auf dieser ungefähr 60 km langen Strecke von Vác in die Slowakei zeigte mir exemplarisch die Verhältnisse von Ungarn zu seinen Nachbarn auf.

Nachdem ich den Morgenzug am Sonntag verschlafen habe, fuhr der erste Zug am Nachmittag erst wieder um 14 Uhr (zum Vergleich: zum Grenzstädtchen Szob gibt es eine stündliche Verbindung). Nun, ich erreichte ebenfalls Szob, wo bis auf eine Handvoll Leute alle ausstiegen. In Sturovo angekommen, war die Sprachverwirrung offensichtlich. Während alles Schriftliche auf Slowakisch war, hörte ich weiterhin um mich Ungarisch. Sogar der Zöllner hat nach dem slowakischen Gruss sofort die ungarische Wendung "Jo napot" angefügt, als ich nicht reagiert habe. Nach einer Recherche später: Es leben knapp 69% Ungaren und nur 28% Slowaken in Sturovo. Doch die einzige sichtbare offizielle Sprache ist Slowakisch! Trotz der auf politischen Absichtserklärungen gut klingenden Zusammenarbeit der "Visegrad-Gruppe", herrscht eher eine starke Zurückhaltung.




Man stelle sich vor: Zwischen Deutschland und der Schweiz gibt es zwischen Schaffhausen und Basel gerade zwei Rheinbrücken. Es gab mal eine Dritte, doch die ist zerstört worden. Deutschland und die Schweiz finden zögernd, eine dritte Brücke wäre sinnvoll, und zusammen mit zusätzlichen EU-Geldern wird die neue Brücke 2002 eingeweiht.
Natürlich handelt es sich hier um die Slowakei und Ungarn. Die Maria-Valeria-Brücke (unverfänglich für jeglichen Nationalismus) seht ihr auf dem Bild.
[und ich musste auch zuerst nachschauen. Die Slowaken nennen sich tatsächlich selbst "Slovenska Republika"]




Hier der Blick von der Brücke zum Esztergomer Dom.
Eine gehörige Portion Machtdemonstration ist das! Jedenfalls ist hier der wichtigste Katholik Ungarns zuhause. Und das seit 1000 Jahren.




Hier seht ihr die Statue der geduldigen Digitalkamera-Fotografin. Rechts davon ein älteres, grösseres Exemplar.


Da die direkten Verkehrsverbindungen nach Vác wegen Grenze und unumgänglichen Flussüberquerungen eingeschränkt sind, bin ich dann sowohl Samstag als auch Sonntag via Budapest gereist. Ich freue mich wirklich riesig auf den nächsten Monat in Budapest!


20 November 2006

Dunakanyar (danube bend, Donauknie)

Am Wochenende habe ich mir das Donauknie vorgenommen. Vác liegt in der Karte rechts oben. Gerade westlich liegt die langgezogene Donauinsel Szentendre. Westlich davon in der stärksten Biegung liegt Visegrad (hallo Politologen!). Die ganze Strecke wird mit der Bischofsstadt Esztergom an der slowakischen Grenze abgeschlossen.
Von Vác aus gab es schon die ersten Minis. Später auf der Insel sah ich das Treffen der kleinen Engländer bei einem Holzkreuz am Strassenrand, beschrieben mit "Mini".
Endlich mal übersetzen auf die andere Seite, auf welche ich jetzt schon 2 Wochen geguckt habe.
An der nördlichen Spitze läuft die Insel in eine schöne Naturlandschaft aus. Etwas für Sonntagnachmittage zu zweit. Links thront die Burg von Visegrad.
Hinüber auf die Visegrad-Seite, diesmal mit einem bescheideneren Verkehrsmittel



Wer hat's denn gesagt?! Nach meinem Start im Winter geht's zurück in den Herbst. Schöne Eichenwälder. Und wie die dufteten! [Schwelg]


Ha, im Lonely Planet war gestanden, es sei sehr steil und nur für geübte Wanderer. Ich dachte, die Aussies müssen einem Schweizer doch nichts vormachen, den Hügel nehme ich doch mit links. Richtig war: es war sehr steil!


Dafür gabs dann auch was zu sehen. Hier wieder das Donauknie um Visegrad.
Schon wie eine richtige Jurawanderung fühlte sich das alles an. Inklusive lustiger Felsformationen.
Nochmals vom Herbst profitiert! Am nächsten Tag ging es von der Natur ins Kulturelle (siehe Teil 2).

Gender in Ungarn

Poah, eigentlich sollte heute ja mein zweiter Tag sein, an dem ich das Donauknie erkunde. Doch ich brech erst in einer Stunde nach Esztergom auf, da es gestern doch ziemlich spät wurde.
Nachdem ich in den letzten beiden Wochen vergeblich versucht habe, irgendeine kulturelle Veranstaltung hier in der Stadt vorzufinden, sagte ich mir: "Hey, jetzt ist Samstag abend, jetzt geht es in einen richtigen Tanzschuppen mit Leuten, Betrunkenheit und Gender Thematik."
Nun, der Club "Mouseoleum" war das Ziel (der Programmpunkt am 24.11. klingt ziemlich funktional: "Laptop Dj"). Erste Kontrolle, Zeitpunkt: Ich kam gegen 23 Uhr an, und die Räume waren schon recht mit Männlein und Weibchen gefüllt. Nur das was ich fälschlicherweise als einzigen Tanzraum begriff, war leer [von aussen hineinblickend] bzw. von einem knutschenden Paar belegt [nach dem Hineingehen].
Normalerweise tickt die gesellschaftliche Uhr schneller in Ungarn. Ich meine damit, dass du als 25-jährige Frau mindestens ein Kind hast, das mindestens 5 Jahre alt ist. Als 30-Jähriger werde ich natürlich gefragt, ob ich Kinder habe (was mir in der Schweiz noch nie passiert ist). Ich erwartete also einen Ansturm von jungen Mädels und Typen. Dass der Club erst als zugänglich ab 18 Jahren angepriesen wurde, liess mich hoffen, dass mir wenigstens die ärgste Teenager-Flut erspart bleibt.
Aber was sah ich da? Ein buntes Miteinander von 20 bis 35-Jährigen. Elternausgang? Vielleicht, denn die meisten Leute kamen in kleineren Gruppen.

Die Forschungsresultate in Kurzform:

Die Ungarin
mag: hautenge Oberteile, tiefe Ausschnitte, Hosen, ab und zu blondiert, rauchend
mag nicht: Bauchfrei, Tanga herausschauend, Röcke

Der Ungar
macht: gewinnt gegen mich im Töggelen, hängt mit Kumpels herum, wünscht mir auf englisch "Have a great party"

Der Hintergrund
Angekündigt war ein Best of von ungarischen Dancesongs. Sie haben es fertig gebracht, sogar die Qualität der rumänischen Sommerhits zu unterbieten, was ich vorher als absoluten Massstab betrachtet habe.

Das Zusammenspiel der Geschlechter
Man hat Spass miteinander, tanzt (auch die Männer), raucht und trinkt viel. Angesprochen werden nur Frauen, die man von früher kannte (Freundesfreundebekannte), ausser man hat zu viel getrunken, was aber ein Einzelfall ist (Klarstellung: das ist nicht der Berichterstatter). Franziska würde das wohl, als typische lockere Stimmung in Weinfelden beschreiben.

Konklusion
Niemals einen White Russian im Mouseoleum bestellen. Nach einer minütigen Erklärung kriegst du Wodka + Baileys + Kaffeerahm. Egészségedre! (Ägeschegädrä ausgesprochen, Prost)

16 November 2006

eine Betrachtung (Wochengulasch Nr. 2)

Es geht schnell, schon sind zwei Wochen um, und es bleiben mir noch zwei weitere hier in Vác. Ich bin in letzter Zeit geistig nicht mehr ganz so stark in das Projekt involviert gewesen. Kein Wunder, denn Wien und überhaupt Freunde aus der Schweiz zu sehen, holt einen ziemlich aus dieser Welt heraus, die doch vor allem ästhetisch und akustisch anders daherkommt. Ich muss mich wieder neu einlassen auf diese andere Welt. Manchmal strengt es einfach an, wie wichtig wäre dann eine Routine, die einen wieder ausgleicht. Es fällt auf, dass ich hier viel mehr meinen Stimmungen ausgeliefert bin, je nachdem, was ich für eine Episode erlebe. Diese Episoden sind auch nie zusammenhängend, sondern bilden einzelne Bedeutungsinseln. Wie ein Detektiv nehme ich diese Details wahr, und versuche die darunterliegende Dynamik zu ergründen.

15 November 2006

Besuch von Bachmann'sche

Ich gebs ja zu. War letzte Zeit etwas weniger fleissig. Dafür war ich kurz am Wochenende in Wien. Und gestern revanchierte ich mich mit einem Vác-Empfang bei Patric, Michèlle, Olivier und Barbara.

Wer spielt hier welches Instrument?


Beim Lösen eines technologisch sophisticateden Problemes

















Zusammen in den versunkenen Donauwäldern. (Keine Ahnung, warum ich neuerdings dieses Kinski-Gesicht draufhabe. Vielleicht habe ich grad an die örtliche Post gedacht, ächz, hell!)


Und zurück führte der Weg bei Budapest vorbei, wo im Kontrast des NGO-Lebens von Vác die pushed-up-Society sich trifft. Ganz in der Nähe der St. Stephans Basilika, die ihr hier seht.

11 November 2006

Unterwegs

Es war heute einfach zu schönes Wetter, und ich hatte bereits um 2 Uhr Arbeitsschluss! Das erste Bild ist auf der Uferstrasse, auf dem Weg zur Sprachstunde. Dann gings direkt nach Budapest an ein kleines, feines Filmfestival. Konnte ein gutes Wort für die Kurzfilmtage in Winterthur einlegen. Mein Heimatbahnhof ist momentan der Nyugati pályaudvar, was Westbahnhof heisst. Ich kann es mir stattdessen nie verkneifen, an Nougat zu denken. Die Architektur stammt übrigens von Eiffel (Bild 2).
Und was die ZVV und andere einführen, gibt es jetzt auch bitte schön auch auf dem stillen Hauptplatz zurück in Vác, die öffentlich gemachte Videoüberwachung. Da haben sich die Vácer aber ein dankbares Objekt ausgesucht, mit einem einen Hektar grossen Platz!


09 November 2006

Herumgetümpel in der Provinz

Die letzten zwei Tage war nicht viel los. Höhepunkte waren meine ersten Sprachstunden in Ungarisch und mein unfreiwilliger Starauftritt im Hallenbad: Ich hab doch die verdammte Badekappe vergessen. Lustig wars, weil ich zuerst mal halt alle fremden Blicke ignorierte. Nach einer Weile im Wasser schien es mir komisch, das alle so schwimmprofimässig aussahen, und mir fiel dann der Unterschied auf. Im ersten Schusel wäre ich noch fast gutschweizerisch aus dem Wasser gestiegen, um das Teil zu holen. Doch dann sagte ich mir, dass bringt jetzt auch wieder gar nichts und jetzt spiele ich halt mal den ignoranten Ausländer (mein Lehrbuch heisst übrigens: "Ungarisch für Ausländer"; damit man weiss, wo man hingehört)!
Morgen gehe ich dann mal richtig in die Stadt. Freitag und Samstag findet ein Filmfestival zum originellen Thema "Walking on the water" statt. Also halb sechs nach Budapest und halb zwölf zurück. Mann, diese Situation erinnert mich einfach zu stark an meine frühere Lage in Winterthur, ächz (sorry, für alle Winti-Afacionados). Nur, dass das Kleinstädtchen noch provinzieller ist, und die Grossstadt bisschen urbaner. Aber Vilmos musste mich heute unbedingt korrigieren, dass Budapest eine Town wäre, und Vac eine City: Im Gegensatz zur Hauptstadt hat dieses Provinznest hier einen Dom!

07 November 2006

Redaktionssitzung

Auf wahrscheinlich mehrfachen Wunsch hin, sollen auch mal Menschen im Mittelpunkt des Blogs stehen. Und zwar bildlich.
Gute Gelegenheit bot mir die heutige Sitzung der Budapester Redaktion der beiden Tiermagazine Vadon und Süni mit den Geldgebern der Göncöl Stiftung.
Die 5 Leute, die alle zwei Monate, in Zusammenarbeit mit dem Budapester Zoo, die Magazine herausbringen, sind gerade eine Ecke von der Promeniermeile Váci utca entfernt. Doch das Treppenhaus und die inneren Korridore sind am Abbröckeln. Im dritten Stock schreiben die RedaktorInnen in einem Büro von etwa 12 m2. Die Bilder sind auch dort entstanden.


Orsi (l.), Heni (M.) und Vilmos (r.) sind alle von der Göncöl Stiftung gekommen, um eine geplante DVD-Ausgabe mit den Redaktoren zu besprechen.




Gerade alle offenen PC-Gehäuse machten einen improvisierten Charakter












Während mein Chef Vilmos (hier links) noch heftig mit den Redaktoren diskutierte, war ich dann nach 2,5 Stunden Ungarisch "zuhören" schon ziemlich vernudelt.

06 November 2006

Wochengulasch Nr. 1

Die ersten 5 Tage sind gut überstanden. Nach der Ankunft am Donnerstag Nachmittag im Haus der Umweltstiftung Göncöl in Vác, habe ich jetzt mal alle ungefähr zehn, meist jungen Gesichter der MitarbeiterInnen gesehen. Der Chef Vilmos ist ein herzlicher knorrliger Typ um die 45, schwankend zwischen Aufbrausen und wegen-sich-selber-schmunzeln. Mit ihm habe ich auch hier im Göncölhaus am meisten zu tun, die anderen drücken sich, auch wegen der Sprache bisweilen, vor mir herum.
Ich muss also dieses NGO retten, oder besser der Welt erklären, wer sie sind. Zudem sollen die Kontakte in der Zwillingsstadt Donaueschingen besser "bearbeitet" werden.
Die Stadt Vác ist hübsch verschlafen, als Highlight wurde mir heute im Tourinform (ehemalige staatliche Auskunftsstelle) die 216 Mummien der Stadt angepriesen. (Wer schon mal im ungarischen Pécs war, hat dort Ähnliches vorgefunden).
Tourist-like ist auch mein Essverhalten hier. Zu günstigen Preisen gibt es wirklich sehr feine Sachen auswärts, z.B. Spätzli und Zwiebeln mit Schafskäse überbacken. Und damit das alles wieder wegkommt, habe ich mir heute im Hallenbad grad die 10er-Karte gelöst, nicht ohne mindestens drei Leute damit absorbiert zu haben.
In der Stadt der Kellerbars beginnt nun meine 2. Woche.

05 November 2006

Akustisches und Visuelles

Spannend im Osten Europas sind auch die anderen Gebräuchlichkeiten. Was top aktuell in öffentlichen Einrichtugen ist, ist die hochbeschallte 80er Jahre Musik. Heute im Hallenbad (saugut bei diesem Sauwetter; es windet einem fast die Donau davon) konnte ich meine Längen (sonst gibts nichts zu tun) zu Modern Talkings "Geronimo's Cadillac" ziehen. Super, nicht?
Einen Monat in diesem Städtchen (30'000 Einwohner) werden mir wohl reichen. Samstag abends auf dem Stadtplatz siehts aus wie früher samstags in Winterthur, nämlich leer. Das einzige Kino hat bereits das ganze Programm für den November herausgegeben. Bis 13. gibts nur Ungarisches, dann folgt World Trade Center, und dann erst Volver. Vielleicht ist ja der Animationsfilm Nadyon Vadon (big wildlife) auch von den Bildern her lustig. Der Film kommt bereits am 9. November.
Überhaupt was die Sprache angeht, grausame Konzentrationssache ist das: Nur das "é" ist eigentlich ein "e", während sie unser "ä" als "e" schreiben. Zudem ist auch nur das "á" (wie in Vác) unserem "a" vergleichbar. Das ungarische "a" ist wieder wie das "a" in Washington, also zwischen "a" und "o". Kurz: ein Chrüsimüsi.

04 November 2006

in den Bakony Hügeln im Schnee

Gestern war ich von Vilmos, dem Chef des Umwelt-NGOs hier in Vac, eingeladen worden, das Vereinshaus einer Tochterorganisation der Stiftung besuchen zu kommen. Heute gab es ein grosses Zusammentreffen von ehemaligen Campleitern in diesem Gebäude in den Bakony Hügeln. Nach der Diaschau vor Ort zu schliessen, fanden jeweils sommers seit 20 Jahren sowas wie alternative Pfadilager statt (z.B. Bauen eines keltischen Bodenofens).

Auch rund um das Haus gibt es viel Selbstproduziertes, was mich stark an den Besuch der Kollektive Longomai, bei uns in der WG erinnerte. Neben Kräutergarten, Obstbäumen, Ziegen und Schafen existiert auch ein traditioneller Ofen:










Ich erlebte bereits meinen ersten Wintertag. Der Wald war schon verzuckert.





Und das 200-Seelen-Dorf verwandelte sich innert Kürze:



Nun, was die Kommunikation mit den 30 Leuten anging: Es ist wohl Zeit, Ungarisch zu lernen. Sich selber jeweils einen Übersetzer zu organisieren, kann es wohl nicht sein.
Im englischsprachigen Budapester Ausgehmagazin antwortete ein hier ansässiger Amerikaner, ob er Ungarisch spreche: "Enough to get by, not enough to get to know women who don't speak English."
Ehrlicherweise ist anzufügen, dass es für ersteres keines Ungarischen bedarf.

03 November 2006

Haus und Umgebung

Heute gings richtig los: Ich wurde gebrieft, was es zu tun gibt. Eher eine allgemeine Problemstellung, als ein klarer Ablauf. In Kürze: Wie kann Göncöl, dieses NGO, überhaupt und klar verständlich wahrgenommen werden?
Unterdessen habe ich meine nähere Umgebung kennengelernt. Die besten Sites erwischte ich wieder mal ohne Kamera, sorry. Z.B. der Supermarkt, direkt vor dem Friedhofshügel. 'Shopping till you die' vielleicht etwas zu wörtlich genommen.
Das ist das Göncöl-Haus von der Donaupromenade her. Das viele Holz wird diesen Winter in der umgebauten Holzheizung verfeuert. Momentan geht sie aber nicht richtig, so dass 14 Grad im Haus herrschen.


Donaupromenade ist wohl etwas untertrieben, es breitet sich ca. 100m Flachland aus, von den Kommunisten aufgeschüttetes Land. Mitten daraus sieht man an die Rückseite von einigen schönen Gebäuden.


Ja, ja, gebts zu, ihr wollt einfach nur die Donau sehen! Hier ist sie, reichlich unspektakulär:

02 November 2006

ein langer Ankunftstag

...das Schönste heute: Diese Weite gerade nach der Grenze Österreich-Ungarn. Der Himmel offen, und die Wolken übten sich ganz dramatisch in einer sich in die Tiefe verlierenden Konstellation. Leider war kein spontanes Fotografieren möglich, da ich alles sehr gut vor meinem Zugriff verstaut hatte, Mist!
Überhaupt diese Ware zum Herumschleppen. Als Lastesel in Budapest?! Ich liess es mir wieder mal nicht nehmen, nach meinem geliebten Städte-Magazin "In your pocket" Ausschau zu halten. Das Ergebnis war noch frustrierender als in Bukarest: nichts gefunden.
In Vac (im Blog gibts es keine Akzentzeichen) traf ich dann den Leiter der Umweltstiftung, bei der ich einen Monat mittun werde. Ganz offen meinte er, seine Stiftung sei am Boden. Nun, interessant ist, dass er sich nicht in die Frustration gibt, sondern pragmatisch neue Wege gehen will. Obwohl: das Umfeld für Umweltbewegungen sei im politischen Ungarn sehr nachteilig.