15 Februar 2014

Immigrant in der Smartphone-Welt

Ich gebe es ja zu, ich dachte, ich könne die Smartphones überleben. Quasi direkt zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf den Technologiezug aufspringen, ohne dass ich mir die Mühe machen müsste, dieses umständliche Daumenrumgetippe und -Geschiebe zu lernen. Und hey, beim Ipod hat es tatsächlich funktioniert. Diese Generation habe ich überwunden. Aber, so scheint es mir, hier bei den Smartphones geht die Adaptionsphase weiter (grössere Bildschirme, mehr Konvergenz), ohne dass ein Quantensprung in Sichtweite ist, nicht einmal die Google Glasses. Das heisst also, die Smartphones würden noch einige Zeit den Atem bewahren, meinen Widerstandswillen auszuhalten. Nun gut, hier, meine Waffen.

Being an immigrant: Tag 1: SIM-Karte Grösse passt nicht, danach Adapter von Freundin. SIM nimmt keinen Empfang auf. Wechsle SIM aus, die neue Karte ohne Empfang. Verzweiflung. Mein guter Freund Markus musste mit seinem Tech-Karma das Handy beschwichtigen, es strahlt jetzt auch aus.

Tag 2: Versuche SMS zu senden. Verstehe nicht, wo die Nummer eingegeben wird. Schreibe 2 SMS, eines mit dem Namen meiner Freundin, das andere mit ihrer Nummer. Bezweifle, dass diese angekommen sind. Jetzt Frühstück.

09 Mai 2009

eine Woche USA in Kategorien

Häufigste Verkehrstafeln:
no littering - speed limit is strictly enforced - double fine in this area - no soliciting and gambling (ok, das war in der S-Bahn in Chicago) - report drunken drivers - keep our land clean -

Übernachtungsfavoriten (und warum):
camping park ausserhalb Santa Fe (Nex Mexiko), weil früh aufstehen in pine woods einem leicht fällt - camping in den diversen State Parks (sind wie Nationalparks), da man mit max. 10 Dollar sich niederlassen kann - Truck Stops für Berufsfahrer, weil duschen, Kleider waschen und W-Lan surfen an einem Ort und dabei ständig mit Kaffee bedient werden, einfach komfortabel ist - Motel, weil ein richtiges Bett auch mal nicht zu verachten ist

Häufigste Anzeichen, wie sein eigenes Verhalten sich gegenüber den Gewohnheiten ändert:
wenn frühstücken in Mc'Donalds plötzlich zu einer Option wird (wegem Kaffee) - rechts abbiegen bei Rotlicht, das man geniesst, weil es doch ein bisschen nach Übertretung riecht - dem Magen abgewöhnen, dass er regelmässig Nahrung erhält - im Kopfrechnen wieder gefordert zu sein (minus 32, durch 9 mal 5), damit Wetterprognosen Sinn machen

Komplimente:
an den architektonisch schön gestalteten Memorial Park in Oklahoma City. Der Einsatz von Landschaftskunst ist selten. Entweder breite Strassen oder dann das unbeschränkte Grün der Nationalparks gelten sonst als Richtwerte - dass man nie das Gefühl haben muss, bei alltäglichen Begegnungen etwas Unpassendes zu sagen, dass also nicht gross unterschieden wird, wie nahe die andere Gesprächsperson einem steht. - an einen kleinen Rockklub in der restauriert-aufgemotzten Bricktown von Oklahoma City, dass sie ehrliche Konzerte, 1 Dollar-Hot Dogs und 3 Dollar-Biere hochhält

06 Februar 2008

NZZ Lektüre

An einem gemütlichen Vormittag sass ich im Café ums Eck, in dem Gäste Status-unabhängig geduzt werden. Der Leseverlauf der an meinen Sitzplatz geholten Neuen Zürcher Zeitung überzeugte aufs Neue. Es ist gut, bei einem Kaffee und einem längeren Beitrag aus dem internationalen Teil hängenzubleiben.
Der Schweiz-Teil ist meist von hoher Politik und Verwaltung durchzogen. Die NZZ ist dann soweit vom Alltag entfernt, wie andere Zeitungen sich diesem mit ihrem Service-Charakter andienen.
Das Wirtschaftressort zeigte den omnipräsenten Sarkozy mit dem omniangetriebenen AGV. Wie er hinter dem Alstom-beschrifteten Redepult steht, tauchte vor meinem inneren Auge der österreichische Bundeskanzler mit seiner "Kronenzeitung"-Jacke auf.
Mein Kaffee war schon längst ausgetrunken und die Tasse abgeräumt, als ich mich an den Zürich-Teil machte. Die sporadischen Alltagskolumnen haben meist einen ambivalenten Lesegenuss zur Folge. Die Redaktoren überspannen zu Teilen ihren Assoziationsspagat oder nerven mit einer dummen bildungsbürgerlichen Schlusspointe in Latein. Ich überwand mich und fand mich sofort in derselben Lage wie der Kolumnist wieder. "Es war in einem dieser Lokale, in denen man so lange sitzen darf, wie man will...[zum Weiterlesen]"
Mit Schmunzeln und Befriedigung erhob ich mich, und alsbald wurde der von mir freigegebene Platz von einem Typen mit Krawatte für die Mittagspause besetzt.

31 Januar 2008

Wer wandert aus?

Schon seit längerem und seit dem Ende meines Estlandaufenthaltes auch intensiver befasse ich mich mit den Arbeitswanderungen aus dem ehemaligen kommunistischen Ostblock Richtung Westen. Mit der ausgedehnten Personenfreizügigkeit, wobei einige Länder hier besonders liberal handeln (Grossbritannien, Irland, Schweden), hat sich die Gesetzeslage für potentielle Migranten erheblich verbessert. Die Folge ist ein quantitativ spürbarer Anstieg bei wirtschaftlich bedingten Emigrationen, zuallererst aus Polen.
Mutmasslich gibt es auch qualitative Unterschiede zu kürzlich stattgefundenen Wanderungen. Die bulgarische Zeitung Kapital sieht einen Wandel darin, welche Personen neuerdings gegen Westen ziehen:

Unmittelbar nach der Wende hat die wirtschaftliche Lage viele Bulgaren in die Emigration getrieben, heute habe die Auswanderung eine andere Qualität, meint Jowko Lambrew. "Wenn man sich innerhalb einer Woche von zwei der besten Freunde trennen muss, weil sie das Land für immer verlassen, kann man nicht gleichgültig bleiben... Bei der ersten Welle der Emigration haben die Menschen das Land aufgrund des ökonomischen Drucks oder aus Abenteuerlust verlassen. Die neue Welle verspricht schmerzhafter zu sein: Jetzt gehen die Menschen, die bislang geblieben sind, um das Leben hier zu verändern. Sie haben Glauben, Hoffnung und einen starken Willen. Es sind nicht die Gehorsamen und Folgsamen, sondern die Träumer und Kreativen, die begriffen haben, dass sie hier nicht gebraucht werden."

(Quelle: eurotopics.net, Ausgabe 30.1.2008)